Jährliche Archive: 2009
Stoppt Gen-Mais, eine Aktion der Grünen
Ich hatte ja empfohlen zu Deutschland 09 ins Kino und zu Meine Daten! in die Stadtbücherei zu gehen. Meine Daten! hat bei mir leider auch nicht geklappt, aber es gibt ja Aufzeichnungen von den Vorträgen. Wem zwischen 25. und 28. März auch andere Dinge wichtiger waren als Datenschutz, sei es nahegelegt den Vortrag „Datenkraken. Die Kommunikationsgesellschaft und ihre Feinde“ von padeluun anzuhören. Ralf Bendrath über die Geschichte der Überwachung sowie Beate Rösslers „Wert des Privaten“ finde ich nicht so spannend.
Deutschland 09 – 13 kurze Filme zur Lage der Nation, habe ich jedoch gesehen. Und sie begeisterten mich, die kurzen Filme. Manche mehr, andere weniger. Insgesamt war ich aber überfordert. Jeder Regisseur hat versucht in die rund 10 Minuten, mehr oder weniger direkt, eine Botschaft zu packen. Und leider habe ich nicht alle verstanden. Trotzdem ein paar Eindrücke und Hintergrundinformationen:
Der Name Murat Kurnaz
Fatih Akin hat in „Der Name Murat Kurnaz“ ein Interview, der Süddeutschen Zeitung (SZ) im Oktober 2008 mit dem ehemaligen Guantanamo-Häftling Kurnaz nachgespielt. Die Umgebung und filmerische Gestaltung ist sehr schlicht gehalten, die Aussagen von Kurnaz haben genug Aussagekraft.
Im Bezug auf die heutige Situation sagt Fatih Akin in einem Interview von Christoph Gröner für die SZ:
„Die Gegner sind heute nur nicht mehr so einfach zu erkennen. Sie kommen mit einem Lächeln auf dich zu. Sie sitzen in den Parteien, von denen du immer dachtest: Hey, das sind die Guten.“.
Krankes Haus
Auf skurrile Weise wird Deutschland als ein Krankenhaus dargestellt. Viele Wortneuschaffungen wie die geplatzte Subventionsblase oder die Amputation der Lohnnebenhöhlen sind nicht übermäßig witzig, bringen aber doch so manche Schieflage unserer Gesellschaft auf den Punkt. Wolfgang Becker kommt an so vielen Baustellen vorbei, dass ich wohl nicht mal die Hälfte verstanden habe. „Yes, we can“-Psychopaten landen genauso im Keller, wie die Folterknechte der Vorjahre. Überall muss gelöhnt werden und manchmal scheint auch pures Dreinschlagen die Rettung zu sein.
Rames
„Diese Branche in Deutschland geht in Arsch.“ beklagt der Puffbetreiber in Ramses. Extrem widerliche Geschichten werden erzählt, von Leuten, die am Tag in der Stadt ein anderer Mensch zu sein scheinen. – Wir leben in verschiedenen Welten. Ansonsten hat mir Romuald Karmakar nicht besonders viel mitgeteilt in dem Film.
Feierlich reist
Globalsierung ist das große und einzige Thema in „Feierlich reist“ von Tom Tykwer. Einsam jetten wir durch die Welt um überall dabei zu sein und doch nichts zu erreichen. Wir klammern uns an Rituale, die doch keinen Halt geben. Und auch in der geliebten Heimat wartet so manche böse Überraschung.
Die Welt schreibt: „Es ist ein Film über den Verlust von Heimat, über die Gleichschaltung der Welt – und als der Geschäftsmann schließlich nach Hause, nach Deutschland zurückkehrt, hält Tykwer noch einen besonders grausamen Gag bereit.“
Gefährder
Auf der wahren Geschichte von Andrej Holm basiert der „Gefährder“ von Hans Weingartner. Er zeigt wie Terrorismusverdacht das Leben einer normalen Familie verändern kann. Plötzlich wird sie in einen Stasi-Staat versetzt, in dem man sie rund um die Uhr überwacht. Terrorismusbekämpfung rechtfertigt ja heutzutage alles. Und ein paar Einschränkungen muss man als Individuum halt hinnehmen, dafür dass unser Land „sicherer“ wird.
Dieser Film war der Grund für mich in Deutschland 09 zu gehen – habe den Hinweis bei annalist gefunden. Für mich keineswegs ein „Verschwörungsdramolett im Stil einer Vorabend-Soap“, wie der Spiegel schreibt. Nein, es hat sich gelohnt!
Eine demokratische Gesprächsrunde zu festgelegten Zeiten
Isabelle Stever zeigt in einer „demokratische Gesprächsrunde zu festgelegten Zeiten“ wie anstrengend Demokratie sein kann. Sie ermutigt zur Bereitschaft sich zu verändern, auch wenn man sich zuerst als Opfer sieht. Außerdem ist dieser Film einfach süß. Die jungen Schauspieler sind super!
Fraktur
Ein Fuhrunternehmer (Josef Bierbichler) hat viel Macht, die er schamlos missbraucht, seine persönliche Sturheit durchzusetzen. Er ist Sinnbild für die Verantwortungslosigkeit der Manager, die knallhart mit denen abrechnen, die ihre Meinung nicht teilen.
Der Weg, den wir nicht zusammen gehen
Beim besten Willen, an „Der Weg, den wir nicht zusammen gehen“ von Dominik Graf kann ich mich nicht mehr erinnern.
Schieflage
Sylke Enders zeigt in „Schieflage“ wie die Gesellschaft auseinander klafft. Der Graben zwischen arm und reicht ist nur schwer zu überbrücken. Die einen begeben sich auf die andere Seite und helfen, die anderen berichten über das Bild auf der anderen Seite. Beides scheint die eigentlichen Probleme nicht zu lösen. Eine Brücke wird nicht gebaut.
Die Unvollendete
In Ulrike Meinhoff und Susan Sonntag treffen sich zwei Persönlichkeiten, die sich Gedanken über die Gesellschaft machen. Moderiert wird von einer jungen Frau aus der Zukunft (2009). Leider kenne ich die beiden Publizistinnen und ihre Einstellungen zu wenig um allen ihren Ausführungen folgen zu können.
Joshua
Eine psychisch kranke Welt voll Wahnvorstellungen zeichnet Dani Levy. Politik wird nicht von Politikern gemacht, sondern von Mächtigen im Hintergrund.
Erster Tag
Auch zum „Ersten Tag“ von Angela Schanelec wage ich keine Auskunft. – Zu verschwommen ist mein Bild davon.
Séance
Zum Schluss noch Christoph Hochhäuslers „Séance“. Er versetzt die Menschheit auf den Mond, da wir die Erde zu Grunde gerichtet haben. Jegliche Erinnerung wird durch Gehirnwäsche ausgelöscht und es bleibt nur die Sehnsucht nach dem längst vergessenen „Deutschland 09“.
Resumé
Die Spiegel-Aussage „Deutschland 09“: Dieser Omnibus rollt definitiv ins Nirgendwo. kann ich nur so verstehen, dass der Spiegel-Autor Christian Buß keine Lust hatte über die Filme und unsere Gesellschaft nachzudenken. Wenn man sich darauf einlässt hat jeder Film eine Botschaft. Es wird nicht kollektiv an einem politischen Statement gearbeitet, sondern es ensteht eine vielfältige Kollage von Eindrücken. – Auch das ein Stück Ausdruck unserer Gesellschaft?
Die Zeit schreibt „Ja, es stimmt, die politischen Energien des aufwendigen Gemeinschaftswerks bündeln sich nicht, etliches ist missglückt.“ Ich empfinde gerade diese Vielfalt interessant und besonders geglückt. Wenn alle 13 Filme unisono die gleiche Aussage hätten wäre es doch langweilig. Manche Aussagen werden kritisiert mit „Hatten wir das Thema nicht schon einmal erfolgreich durchgenommen?“ Einige Themen halte ich auch für viel diskutiert, aber erfolgreich? Haben die Diskussionen bisher wirklich was verändert?
Wer noch weiter lesen will dem sei die TAZ empfohlen.
Zu aller erst: Sexueller Missbrauch ist wohl das schlimmste Verbrechen, das man einem Kind antun kann. Es ist abscheulich, gehört bestraft und ich finde es gut und wichtig, wenn Steuergelder ausgegeben werden um Kinder davor zu schützen.
Auf Anregung von Ursula von der Leyen denken einige Politiker darüber nach Sperrlisten einzuführen, die verhindern sollen dass einige Seiten im Internet abrufbar sind. Es ist geplant, diese Listen vom BKA pflegen zu lassen, und sie nicht zu veröffentlichen. Eben jenes BKA, dessen Präsident im Bundestag „scheußliche Videosequenzen von der Vergewaltigung eines kleinen Mädchens“ zeigt – als Einstimmung in die Debatte. Das BKA soll doch lieber dafür sorgen, dass die Internetseiten vom Netz genommen werden, statt nur eine Liste zu machen mit Seiten die gesperrt werden sollen.
Vergleichen wir die Situation doch einmal mit China: Dort werden bestimmte Internetseiten blockiert. Es ist weder eine Liste noch eine Begründung öffentlich zugänglich. Gesperrt wird dort so allerlei, z. B. Videos von tibetischen Mönchen, die (friedlich) gegen die chinesische Unterdrückung protestieren. Vermutlich jetzt auch diese Seite hier, denn ich schreibe ja, dass in China zensiert wird. In China heißt das ganze Zensur und verhindert die freie Meinungsäusserung. Die Regierung unterbindet Kritik, alles was nicht ins chinesische System – also den Ideen der Machthaber – passt ist schlicht nicht auffindbar. In Deutschland sollte so etwas nicht möglich sein, denn im Grundgesetz steht in Art. 5 (1):
… Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewähleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
Wie sich nun eine geheime Liste von gesperrten Internetseiten von der Praxis in China unterscheidet und mit dem Grundgesetz vereinbar sein soll ist mir absolut unverständlich. Aber es geht ja noch weiter: Frau Schavan möchte die Sperrlisten, noch bevor sie eingeführt sind, erweitern. Da muss man sich doch echt fragen, ob wir noch weit davon entfernt sind, dass die CDU die anderen Parteien auf die Sperrliste setzen lässt…
Nun ja, es gibt ja auch andere Länder, die schon solche Sperrlisten umgesetzt haben und gegen Kinderpornographische Inhalte im Internet einsetzen. Z. B. Schweden: Björn Sellström, der Chef der Polizeiermittlungsgruppe gegen Kinderpornografie und Kindesmisshandlung in Stockholm sagte allerdings gegenüber dem Focus:
„Unsere Sperrmaßnahmen tragen leider nicht dazu bei, die Produktion von Webpornografie zu vermindern“
Außerdem könnten die Sperren dort „leicht“ umgangen werden. – Macht es also wirklich Sinn, das bei uns auch einzuführen? Oder sollten lieber andere, effektivere Wege gegangen werden? – Solange die Internetseiten in Deutschland betrieben werden sollte es ja für die Polizei ein leichtes sein, die Betreiber dran zu kriegen. KiPo ist ja schließlich bei uns illegal. Wenn Angebote aus anderen Ländern in Deutschland konsumiert werden, so ist die Sache natürlich etwas schwieriger, aber trotzdem machbar. Und im Zweifelsfall muss man halt beginnen ein außenpolitisches Thema daraus zu machen und mit fremden Regierungen Gespräche führen.
Laut der Neuen Osnabrücker Zeitung hat das Bundeskriminalamt Zweifel an der Wirksamkeit von Sperren für Kinderporno-Seiten im Internet zurückgewiesen. Jörg Ziercke sagte:
Nach unseren Erkenntnissen sind vier von fünf Menschen, die im Internet auf Kinderpornos zugreifen, Gelegenheits-Konsumenten. Die lassen sich durch ein Stopp-Schild abschrecken und geben ihr Vorhaben auf.
Aber wird man wirklich aus Gelegenheit pädophil? – Ich kann mir das nicht so recht vorstellen. Und selbst wenn nur noch ein Fünftel der Konsumenten an das Material kommt, damit ist doch den Kindern nicht geholfen! Die Politik sollte dich lieber Gedanken darüber machen, wie die Erstellung eingeschränkt werden kann, statt nur auf den Konsum zu schauen.
Sollten die technichen Sperren wirklich kommen, bin ich wohl nicht der einzige, der schon das Bundesverfassungsgericht in Aktion sieht.
Ein paar weiterführende Links zum Thema, die ich nicht im Text unterbringen konnte:
netzpolitik.org
czyslansky
Gedanken des „Datenschutzbeauftragten“
Golem
Hier hatte ich Stellung dazu genommen, wie schade unerhört ich es finde, dass Jörg Tauss durch die Medien verurteilt wurde, bevor Fakten auf dem Tisch lagen und er selbst offizielle Auskünfte zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft hatte, geschweige dazu Stellung nehmen konnte.
Inzwischen ist die Zeit etwas fortgeschritten und Jörg Tauss hat in einer ersten offiziellen Stellungnahme zu den Kinderpornographievorwürfen gesagt:
ich war es selbst. Die Staatsanwaltschaft hat bei mir kinderpornografisches Material gefunden.
[…]
Mir ging es darum, eigene Erkenntnisse für die politische und gesetzgeberische Arbeit zu diesem Thema zu gewinnen. Insbesondere einen Beleg für meine These zu finden, dass die Verbreitung von Kinderpornographie mit Hilfe des Internet zunehmend durch andere Verbreitungsformen verdrängt wird. Und natürlich hätte die von mir erhoffte Entdeckung und „Sprengung“ eines der immer wieder durch die Öffentlichkeit geisternden „Kinderpornoringe“ meinem Bekanntheitsgrad nicht gerade geschadet.
Er erklärt also selbst Kinderpornographisches Material zu besitzen und Kontakt zu einem Kinderpornoring zu haben. Zum Zwecke der Recherche, denn ein Politiker kann nicht über Dinge reden von denen er keine Ahnung hat und dann über Gesetze entscheiden die den Umgang mit diesen Themen regeln. Dies ist ein sehr richtiger Schluss und es gibt genug Politiker in unserem Land, die sich von dieser Grundeinstellung eine gehörige Portion abschneiden sollten. Aber auch diese ehrenwerte Motive von Herrn Tauss befreien ihn natürlich nicht vom Gesetz und er hätte einen Schritt früher aufhören und eben doch die Sache nicht im Alleingang durchziehen sollen.
Die Erkenntnis, dass sich die „Szene“ immer weiter abschottet und man nicht zufällig im Internet auf solches Material stößt hätte er auf legalem Wege gewinnen können. Das Ziel einen Kinderprognoring zu sprengen halt ich, ganz nebenbei, für etwas zu hoch gesteckt. – Das sollte er dann doch der Polizei überlassen. Darum haben wir ja Gewaltenteilung und es fällt definitiv nicht in seinen Aufgabenbereich Straftäter zu verfolgen.
Ich halte Jörg Tauss auch weiterhin für einen ehrenwerten Mann, der gutes im Sinn hat. Trotzdem hat er sich etwas zu weit in den schon nicht mehr nur grauen Bereich gewagt und heute erklärt, nicht mehr für den Bundestag zu kandidieren. Seine heutige Rede vor dem Kreisverband ist sehr lesenswert um sich selbst ein Bild von dem Mann zu machen. Ich hoffe und wünsche ihm, dass er bei seinen Parteigenossen weiterhin als Fachmann für Medienfragen anerkannt bleibt und am Tagesgeschäft der Politik beteilgt bleibt.
Das was da in den letzten Wochen gelaufen ist und heute einen neuen Höhepunkt erreicht hat, das ist mehr als nur „Mobbing“ auch aus den eigenen Reihen. Das kann man nicht anders bewerten, als den Versuch eine „sozialen Exekution“.
Hier kann ich ihm nur Recht geben und ihm Kraft und Hoffnung wünschen! Denn auch heute haben die Medien seinen Rücktritt bekannt gemacht, bevor er ihn selbst öffentlich kundgetan hat.
Letztlich bleibt die Erkenntnis…
- … einen Bundestagsabgeordneten, der seine Aufgabe ernst genommen hat, als solchen verloren zu haben.
- … Missbrauch von Kindern nicht durch die Sperrung von einzelnen Internetseiten unterbunden werden kann.
- … die Medien machen aus jeder Ente einen Löwen, und vergessen sein Gehege mit einem Zaun zu versehen.
(Wer die letzte Erkenntnis auch nach wiederholtem nachdenken nicht teilt, der sei so frei und frage!)
Deutschland 09
Über 60 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, 40 Jahre nach dem studentischen Aufbruch 1968, 30 Jahre nach dem „Deutschen Herbst“ 1977, 20 Jahre nach dem Fall der deutsch-deutschen Grenze 1989 und mitten im gesellschaftlichen Umbruch der „Agenda 2010“ auf dem Weg in die globalisierte Welt des 21. Jahrhunderts, findet sich eine Gruppe von Kino-Regisseurinnen und Regisseuren aus Deutschland zusammen, um aus ihren individuellen Blickwinkeln ein Panoramabild der gesellschaftlichen und politischen Situation der heutigen Bundesrepublik zusammenzusetzen.
Die 13 kurzen Filme sind sehr unterschiedlich, die Zusammenstellung fordert heraus und regt zum Nachdenken an, davon bin ich überzeugt. Ihr habt genau 1 Woche Zeit (26.03. bis 01.04.09) ins Stuttgarter atelier am bollwerk (oder eines der wenigen anderen Kinos in Deutschland, die den Film zeigen) zu gehen und euch selbst eine Meinung darüber zu bilden.
MEINE DATEN!
„Identitätsdiebstahl“, „Scoring“, „gläserner Bürger“, „Onlinedurchsuchung“ sind aktuelle Schlagwörter, die viele Menschen verunsichern. Und in der Tat geben wir, bewusst oder unbewusst, tagtäglich Unmengen von persönlichen Daten preis, die auch missbraucht werden können.
Datenschutz wird immer wichtiger, nicht nur um einem unerwünschten Werbebombardement zu entgehen. Datenschutz entscheidet heutzutage auch über Lebenschancen und ist Voraussetzung für eine lebendige Demokratie.
MEINE DATEN! Das Frühjahrsfestival zum Datenschutz der Stadtbücherei Stuttgart beleuchtet Grundsatzfragen des Datenschutzes.